17.04. - 21.04. Hongkong - Global City in den Fängen Chinas

Etwas verrückt - Nachtflug nach Hongkong

Auf dem Flughafen von Manado startete ein Lion-Air Charterflugzeug Richtung Shenzen, jener Metropole, die rund eine Busstunde nördlich von Hongkong direkt an der Grenze zu China liegt. Während die chinesischen Touristen in rund 6 Stunden das chinesische Meer überflogen, mussten wir umständlich erst Richtung Südwesten nach Jakarta, der indonesischen Hauptstadt im Nordwesten Javas, fliegen.

Tatsächlich gibt es keine direkten Linienflüge. Alle Flüge erfordern mindestens einen Zwischenstopp entweder in Singapore (z. B. Scoot/Singapore Airlines) oder Jakarta (Garuda). Wir hatten uns für die Route Manado – Jakarta mit Garuda entschieden (Flugzeit 3:20). Leider mussten wir etwas mehr als fünf Stunden auf dem modernen Flughafen auf unseren Anschlussflug mit Garuda nach Hongkong warten (Flugzeit 5:05). Die Gesamtreisedauer von 13:30 entsprach in etwa der Reisedauer unseres Rückfluges von Hongkong nach Hamburg.

Als wir nach dieser langen Weiterreise und einer kurzen Nacht, während der wir zumindest zeitweilig kurze Schlafphasen erzwangen, die Inseln Hongkongs erblickten und der Pilot den Airbus der indonesischen Staatslinie zur Landung auf dem Flughafen ChekLapKok auf der Insel LanTau ansetzte, stieg unser Adrenalin in Erwartung der nächsten vier Tage. Die Weiterfahrt zu unserem iclub Ma Tau Wai Hotel im Stadtteil KowLoon vermittelte uns sogleich einen Eindruck von dem preiswerten und gut funktionierenden Bus- und Bahnsystem.

Im Ergebnis war unser 4-tägiger Ausflug nach Hongkong etwas verrückt, aber in der Rückschau sehr lohnend. Es gab nach meinen Recherchen keine andere Flugverbindung. Falls jemand Tipps für eine schnellere Verbindung hat, würde mich das sehr interessieren.

Hongkong - Glücksgriff für China

Ohne Hongkong hätte China und besonders das Perlflussdelta nicht jene Entwicklungssprünge, die China zum Exportweltmeister gemacht haben, vollziehen können. Hongkong ist ein hochentwickelter moderner Stadtstaat, der in Hinblick auf den wirtschaftlichen Entwicklungsstand mit den OECD Ländern vergleichbar ist. Als Global City rangiert Hongkong fast gleichauf mit Singapur hinter den „großen Vier“ New York, Tokio, Paris und London. Die starke Ausrichtung auf den tertiären Sektor basiert auf Logistik, Finanzen und Unternehmensleitung. Viele multinationale Unternehmen haben eine Niederlassung in Hongkong.

Fakten zu Hongkong: Hongkong ist aufgrund seines Status als ehemalige britische Kronkolonie chinesische Sonderverwaltungszone mit Wahlrecht und eigenem Parlament. Die Metropole hat eine große Bedeutung für die benachbarte, wirtschaftsstärkste Region Chinas, der Sonderwirtschaftszone des Perlflussdeltas mit der benachbarten Zehnmillionenstadt Shenzen. Hongkong ist hoch entwickelt. Das BIP pro Kopf liegt höher als z. B. in Deutschland (knapp 40000 US-$). Im Ranking „der menschlichen Entwicklung“ (HDI) belegte Hongkong 2020 den 4. Rang (Deutschland Rang 6).

Fakten à Staatsoberhaupt: Xi Jinping; Chefadministratorin: Carrie Lam ٭ Lage: Ostasien; 22015`N, 114010´O (fast auf dem nördlichen Wendekreis) ٭ Küstenlänge 733 km ٭ feuchtes subtropisches Klima, 22,50C Durchschnittstemperatur, rund 2400 mm Niederschlag, 10 humide Monate ٭ Fläche: 1095 m2 ٭ Einwohner: ~ 7,4 Mio. (2017) (92,3% Chinesen, 2,5% Philippiner, 2,2% Indonesier, 0,5% Briten, 0,4% Inder, 2,1% Sonstige) ٭ Bev.-Dichte: 6579 E/km2 ٭ BIP pro Kopf: 61500 US-$ ٭ Lebenserwartung: 82 Jahre ٭ HDI (2020): 0,939 ٭ HDI Ranking (2020): 4 ٭

(Quelle: https://www.lexas.de/asien>/hongkong/index.aspx)

Gleichwohl identifizieren sich die Hongkong-Chinesen vielerorts nur wenig mit den chinesischen Nachbarn, weil das autoritäre System nicht mit dem größeren Teil eher demokratisch gesinnten Hongkongern kompatibel ist. Wie im Epilog geschildert, betrachtet die politische Führung Hongkong genauso wie Taiwan als Teil eines Großchinas. Eine Vielzahl chinesischer Touristen begegnete uns bei unseren Streifzügen durch Hongkong. Die meist großen Busgruppen waren an ihren gleichfarbigen T-Shirts und an ihren Fahnen leicht zu erkennen.

Insgesamt ist Hongkong ein Glücksgriff in wirtschaftlicher, finanzpolitischer und touristischer Hinsicht. Ökonomisch übernimmt die Global City Hongkong als Handels- und Dienstleistungsmetropole übergeordnete administrative, fiskalische und logistische Funktionen. Als lebendige und vielseitige Stadt zieht Hongkong zudem viele Millionen Touristen aus aller Welt an und generiert auf diese Weise zusätzliche Deviseneinnahmen.

Hongkong - mehr als nur Skyline

Im Doppeldecker der Linie 66 (diese Linie ermöglicht die besseren Views) fuhren wir die kurvenreiche Straße nach Stanley im Süden der Hauptinsel Hongkong Island hinab. „Das könnte Europa sein“, dachten wir. Villen und mondäne Einzel- und Mehrfamilienhäuser säumten die Straßen. In der Bucht trainierten Kinder in Optimistenjollen die Fertigkeiten im Segeln, während europäisch aussehende, gut gekleidete Erwachsene auf den Terrassen der Cafés saßen und den Blick auf die Bay von Stanley genossen. Tatsächlich leben in Stanley viele Expats, jene qualifizierte Fachkräfte, die für europäische, multinationale Unternehmen, die in Hongkong eine Niederlassung unterhalten, arbeiten.

Im Takt der Musik tanzten die Lichter der Skyline von Hongkong Island, erleuchteten und erloschen im Wechsel und schlängelten sich beeindruckend um die vielfältigen Silhouetten der facettenreichen Wolkenkratzer. Wir besuchten dieses illuminierte High-Tech-Schauspiel gleich zwei Mal, saßen bei Bier und Wein auf der gegenüberliegenden Seite, im Rücken die zweite große Skyline von KowLoon, das mit einem Tunnel mit der Hauptinsel Hongkong Island verbunden ist

 

Danach tauchten wir in das Getümmel des Hauptgeschäftszentrums von KowLoon ein. Ich wollte mir ein neues Objektiv für meine Olympus OM-D kaufen. Das vielfältige Angebot versprach günstige Preise. „850 Dollar, nice price“, lockte ein Verkäufer in einem großen Elektronikshop. Gut, dass ich nicht sofort zugriff. Touristen laufen auch in Hongkong Gefahr, überhöhte Preise zu zahlen. Die Geduld zahlte sich aus. Einige Straßen weiter schlug ich zu und bezahlte für das gleiche Objektiv, einem M.Zuiko Digital ED 12-40mm F2,8 Pro, 450 Dollar, umgerechnet 400 €. Ein Schnäppchen angesichts der 1000 €, die in Deutschland für dieses tolle Objektiv bezahlt werden müssen.

Hongkong besteht aus insgesamt 230 Inseln, die teilweise durch Brücken und Tunnel miteinander verbunden sind. Die abgelegenen liegenden Inseln sind mit einem regelmäßigen Fährverkehr jederzeit erreichbar. Übrigens ist die Infrastruktur in Hongkong bestens ausgebaut. Metro, Doppeldeckerbusse und Fähren sind miteinander vernetzt und die Wartezeiten sind stets recht kurz.

Während Hongkong ein wahres Shoppingparadies ist, gibt es in manchen Nebenstraßen Geschäfte, in denen es ein Sammelsorium von Waren gibt, wie wir es eher von Städten wie z. B. Bangkok kannten. In diesen Straßen ist vielerorts auch der chinesische Aberglaube sichtbar. Viele, uns Europäern so fremde Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel werden hier angeboten: Getrocknete Lungen von Lungenfischen, Haifischflossen und vieles für uns undefinierbares gibt es hier zu kaufen.

Und wahrscheinlich wird hinter mancher Theke auch Nashornpulver für tausende Dollar verkauft. Der Handel damit bedroht die Nashornpopulationen, nur weil aus Sicht vieler Chinesen Nashornpulver ein wirksames Potenz- und Heilmittel ist, das gegen Kater, Krebs und vieles mehr universell einsetzbar ist. Zudem boomt der Handel mit Wildtieren, weil die chinesische Naturheilkunde damit medizinische Wunder verspricht. Gleichzeitig befördert es die Viren von Tieren in die Menschenwelt und befördert so Zoonosen. Damals ahnten wir noch nicht, dass die Coronakrise uns diese Zusammenhänge so einschneidend verdeutlichen würde.

Ein Wahrzeichen zumindest des alten Hongkongs ist Aberdeen City. Rund 5000 Familien leben und arbeiten hier auf Hausbooten bzw. schwimmenden Bretterhäusern, die nicht nur Menschen beherbergen, sondern teilweise leben hier auch Hunde, Katzen oder sogar Schweine.

Kontrast - Global City Extrem versus Natur

 

Hongkong, Global City, ein Besuch hat zumeist diese Intention. Auch wir wollten eintauchen in jene städtische Atmosphäre, die international orientierte Städte charakterisiert. Hongkong gehört zwar nicht zu den „großen Vier“ der Global Citys und ist insofern nicht vergleichbar mit New York, Paris, London oder Tokio, aber kurz hinter Singapur, der fünften Stadt im Ranking der Global Cities, folgt bereits Hongkong. Dabei bietet Hongkong Naturerlebnisse, die hier kaum jemand erwartet. Tatsächlich drängen sich in Hongkong die 7,4 Mio. Einwohner nicht auf der Gesamtfläche von 1095 m2, sondern nur auf knapp 400 m2. Die restlichen Flächen sind bewaldet oder teilweise noch Naturreservate. In Hongkong gibt es Wanderrouten, die für Einwochentrails ausgelegt sind. Sie führen durch Waldgebiete oder entlang unberührter Küstenlandschaften.

Unser Besuch war nur ein Kurztrip, insofern war für diese aussichtsreichen Touren kein Raum. Gleichwohl wollten wir in Ansätzen diese Seite Hongkongs erleben. So freuten wir uns auf die Wanderung zum Lion Rock, den knapp 500 m hohen Hausberg Hongkongs, der die Regionen Kowloon und New Territories trennt. Sein Gipfel besteht aus Granit und erinnert an die Form eines kauernden Löwen. Der Ausblick auf die Stadtteile Kowloon und Hongkong Island mit ihren imposanten Skylines ist grandios.

 

In Hongkong herrscht immerfeuchtes tropisches Klima. Von Oktober bis März sind die Niederschläge vergleichsweise gering. Deshalb empfehlen Reiseführer häufig diese Monate als beste Reisezeit. Aber es war bereits April, wo die Niederschläge rapide zunehmen. Wir starteten noch im Sonnenschein, nachdem wir mit der KwunTong Line die MTR-Station WongTaiSin erreicht hatten, kämpften uns am Ende im Regen hoch und rannten den Berg hinunter, weil der Regen zunahm, die Wege zu kleinen Bächen wurden und sich ein Gewitter ankündigte. Eigene Bilder von der Aussicht und dem Felsen fielen deshalb buchstäblich in das Wasser.

 

 

Epilog

Jetzt, drei Jahre nach dieser kurzen, aber wundervollen Reise, ist immer noch Coronapandemiezeit. Diese Reise war unsere letzte Fernreise seither. Gerne erinnere ich mich daran zurück. Die Reisesehnsucht kehrt gerade jetzt, beim Schreiben, zurück und die Hoffnung, dass bald wieder Reisen möglich sein wird. Die Sulawesi-Seiten hatte ich bereits kurz nach Reiseende fertiggestellt, Hongkong fehlte noch. Gleichwohl hatte ich bereits im Flieger einige Überschriften teilweise mit Notizen formuliert, die ein späteres Schreiben erleichtern sollten. So mache ich das häufig.

Die Hauptüberschrift "Global City in den Fängen Chinas" prangte schon damals am Anfang dieser Seite. Dass ein Jahr nach dieser Reise — infolge der chinesischen Expansion — Hongkongs vertraglich garantierte Freiheit Geschichte sein würde, zeichnete sich bei unserem Besuch dieser beeindruckenden Metropole noch nicht ab. China ignoriert zunehmend internationale Vereinbarungen und kommentiert Einlassungen von Akteuren der Weltgemeinschaft als unzulässige Einmischung in innere Angelegenheiten.

Ein Blick zurück: 1898 pachtete Großbritannien Hongkong vom kaiserlichen China für 99 Jahre. Folgerichtig erfolgte die Übernahme der britischen Kronkolonie durch China 1997: Am 30. Juni 1997 läuft die Britannia aus, an Bord Prinz Charles und Chris Patten, dem letzten britischen Gouverneur von Hongkong. Es war ein Symbol des Niedergangs einer früheren Weltmacht, und wie man heute weiß, der Beginn des Aufstiegs des "Roten Drachens" zur neuen Weltmacht. Bis dahin herrschten die Briten ganz nach Gutsherrenart, Demokratiebewegungen in Hongkong blieben erfolglos, weil das "Mutterland des Parlamentarismus" wegbereitende Veränderungen nicht zuließ. Kein Wunder, dass sich an diesem letzten, denkwürdigen Abend der alten Zeit eine Sechsmillionenstadt das Ende der Kolonialzeit ausgiebig feierte.

Aber Großbritannien wollte nichts dem Zufall überlassen. So garantierte China Hongkong weitgehende Autonomie zu, zumindest innenpolitisch und ökonomisch. Das Motto lautete: "Ein Land, zwei Systeme", zumindest für 50 Jahre. Ein eigenes Steuersystem, eine eigene Währung und ein eigenes Parlament wurden Hongkong zugebilligt. Hongkong mit seinen knapp 70 Milliarden Dollar Devisenreserven wurde zur Sonderverwaltungszone.

Allen Skeptikern zum Trotz ging Hongkong nicht unter. Es begann die vielleicht demokratischste Zeit der ehemaligen Kolonie und eine beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung zu einer Global City. Hongkong wurde zum größten Investor in China. Das Perlflussdelta, an dessen östlichen Ausgang Hongkong und an dessen westlichen Ausgang die ehemalige portugiesische Kolonie Macau liegt, wurde zur Spielwiese des chinesischen Staatskapitalismus. Das gesamte Perlflussdelta, mit 17000 km2 gerade so groß wie Thüringen, aber mit über 60 Millionen Einwohnern, und mit zahlreichen Millionenstädten wie Shenzhen, Dongguan, Guangzhou (Kanton), Foshan oder Zhongshan so einwohnerstark wie der ehemalige Kolonialherr Hongkongs, Großbritannien, wurde zur geöffneten Wirtschaftszone und das größte "Testfeld" der chinesischen Öffnungspolitik.

Während dank ausländischer Investitionen, mit Hongkong als größten Investor, die Produktion im Perlflussdelta Wachstumsraten von über 10% verzeichnete, wurde Hongkong zum Logistik- und Handelszentrum sowie zu einem der wichtigsten Finanzzentren Südost- und Ostasiens. Shenzhen, nördliche Nachbarstadt Hongkongs, nahm als Sonderwirtschaftszone eine Vorrangstellung ein. Hatte Shenzhen in den 1970ern noch rund 30000 Einwohnern, ist die nördliche Nachbarstadt von Hongkong heute eine Hightech-Metropole mit über 10 Millionen Einwohnern. Auch Apple lässt hier beim taiwanesischen Konzern Foxconn, dem größten privaten Arbeitgeber Chinas, produzieren.

Jetzt, 26 Jahre vor Ablauf der garantierten Übergangszeit, zog China das Jahr 2047 vor, erhöhte den Druck, ging repressiv gegen von China so titulierten Staatsfeinden vor und erstickte mit autoritär aufgestülpten Regeln jede Idee von Demokratie. Schon lange zuvor hatte der mächtige chinesische Staatsapparat dafür gesorgt, dass die chinahörige Carrie Lam Chefadministratorin wurde. Faktisch hat sich China mit seiner repressiven Strategie die kapitalistische Perle Hongkong einverleibt und einen neuen Status Quo, in dem die Opposition zunehmend in das politische Abseits gedrängt und kriminalisiert wird, geschaffen. Im Rückblick sind wir froh, noch das freiere Hongkong erlebt zu haben. 

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