08.04. - 09.04. - Die endemische Tierwelt östlich der Wallacelinie
Stippvisite in der Village von Tangkoko
Freundlich winkten uns die Menschen aus der bunten Kirche zu. Draußen wurde gegessen, geschwatzt und fröhlich gelacht. Wir folgten den einladenden Blicken in das bunt hergerichtete Gotteshaus. Ganz indonesientypisch wurden wir sogleich Protagonisten eines indonesischen Handyfotos für Facebook, Instagram und Co. Der Pastor persönlich hatte uns zu einem Familienbild mit Kindern und Frau gebeten, direkt vor dem Altar. Daneben waren große Lautsprecherboxen für die Party des Pastors aufgebaut. Der hatte offenbar, auch ganz indonesientypisch, die Kirche anlässlich seines Geburtstages zu einer Multifunktionshalle umfunktioniert. Warum auch nicht. Denn die Häuser im Tangkoko Village waren eher bescheiden.
Direkt nach unserer Ankunft und dem Einchecken im Tangkoko Hill Cottage hatten wir die Zeit bis zu unserer Abendtour in den Nationalpark genutzt, um einen ersten Spaziergang an der Celebessee zu machen. Am schwarzen Strand lagen sehr kontrastreich die bunten Fischerboote, streunende Hunde spielten zwischen den Auslegerbooten und vereinzelten Plastikmüll. Im wunderbar blau schimmernden Wasser lagen, wie für eine Postkarte komponiert, bunte Fischerboote. Eine Idylle, wären da nicht die schäbigen, provisorischen, aus Plastik und Holz gezimmerten Hütten einiger Fischer.
Erste Gästehäuser und Hostels haben sich in der Village angesiedelt, Profiteure des aufkeimenden Tourismus, der aufgrund des Nationalparkes Zuwächse zu verzeichnen hat. Das ist auch der einzige Grund für den Besuch. Auch wir besuchten den Tangkoko Nationalpark by the way, aber ein lohnender Zwischenstopp auch für zwei bis drei Nächte ist es allemal.
Zwei Touren sind ein Must do
Etwa 15 Minuten, nachdem wir auf einem guten Weg zwischen den Bäumen des Waldes der wechselfeuchten Tropen im Tangkoko Nationalpark gegangen waren, begrüßte uns der alterwürdige Wallace, blickte weise von seiner Empore hinunter, als wollte er uns sagen, hier würden noch endemische Tiere leben genauso als zu jener Zeit, in der ich hier jahrzehntelang auf den Spuren der Evolution forschte.
Tatsächlich forscht Wallace intensiv auf Sulawesi und kam zu den gleichen Schlussfolgerungen wie Darwin, dem er seine Forschungsergebnisse vorlegte, was Darwin wiederum veranlasste, die Ergebnisse seiner Forschungen auf den Galapagos Inseln zu veröffentlichen. Übrigens hatten wir Wallace zum ersten Mal auf unserer Weltreise 2012/2013 kennengelernt.
Es war etwa 18 Uhr, als wir Julian in den Wald folgten. Julian wohnte mit seiner Familie in der Nähe vom Nationalpark. Sein Einkommen als Guide ermöglichte es ihm, in einem festen, etwas größeren Haus zu wohnen und seine Familie sicher zu versorgen. Heute führte er uns, wir waren nur zu zweit, zu den Taisiren, den kleinsten Primaten der Welt. Erst mit fortgeschrittener Dämmerung, obgleich die in den Tropen wegen der fehlenden Erdkrümmung extrem kurz ist, werden sie aktiv. An einem Baum stoppten wir, warteten, warteten. Dann lugten sie vorsichtig aus ihrem Baumloch, sprangen geschickt in das Geäst, hielten sich mit ihren langen, dünnen Fingern und Zehen fest, um sich mit Insekten den Bauch voll zu schlagen. Allein dieses Erlebnis hätte den Besuch mit Julian gerechtfertigt.
Im Dunkeln folgten wir mit unseren Stirnlampen Julian, der sicher die Bäume umkurvte, als würde er jeden mit Namen kennen. Er kannte jene Stellen, wo fluoreszierende Skorpione auf Baumstümpfen lebten oder wo Taranteln auf nächtliche Beute lauerten. "Achtung, die Tarantel springt", rief er und zog mich zurück. Allzu neugierig hatte ich mich der faustgroßen, sehr giftigen Spinne genähert. "Sie springt und beißt, wenn sie sich bedroht fühlt", klärte mich Julian in Englisch auf. Wir waren froh, dass Julian sich autodidaktisch englisch beigebracht hatte. Nicht jeder Guide hier im Tangkoko kann englisch sprechen.
Einen Python in freier Wildbahn würde man nur mit viel Glück sehen, erzählte Julian. Ich hatte meinen Wunsch geäußert, diese Riesenwürgeschlange, die es in Indonesien vielerorts gibt, und die auf dem Inselstaat hinterrücks Menschen umschlungen und vertilgt hat, zu sehen. Zwei Wochen müsste ich jeden Tag zwei Mal in den Wald gehen, dann würde ich vielleicht einen sehen, klärte er mich auf. Im equadorianischen Teil des Amazonasregenwaldes hatten wir bereits eine kleine Anakonda und eine Boa gesehen.
Wir waren am zweiten Tag um sechs Uhr gestartet, um den erwachenden Wald des Tangkoko Nationalparkes zu erleben, und etwa eine halbe Stunde in den Wald gewandert, als ganz in der Nähe das durchdringende Geschrei von Affen ertönte. "Schwarzschopfmakaken", sagte Julian und bahnte sich eilig einen Weg durch das Gestrüpp. "Vielleicht haben wir Glück", ergänzte er vielsagend.
Kurz darauf wurde klar, was er meinte. Zielsicher steuerte Julian eine Nurse an, einen umgekippten Baum, der zum Lebensraum von Pflanzen und Tieren, die jahrzehntelang dazu beitragen würden, den Baum zu mineralisieren und in den Nährstoffkreislauf einzubeziehen, geworden war. Aufgeregt saßen und kletterten einige Makaken der Horde auf der Nurse oder anderen umgebenden Bäumen herum und beobachteten aufmerksam eine Stelle unterhalb des umgestürzten Baumes.
Ich war sehr aufgeregt und ahnte, dass auch dieser Tag wieder ein besonderer werden würde. Denn tatsächlich sahen wir einem Phyton, die zusammengerollt, scheinbar völlig teilnahmslos ein Nickerchen machte. Seine dabei geöffneten Augen schienen mich anzustarren, als ich, nur wenige Meter von der Riesenschlange entfernt, meine Kamera zückte, um dieses Erlebnis digital zu bannen. Vielleicht fürchtete die Schlange auch die Makaken, die als Horde eine Gefahr darstellen, falls der Python Appetit auf einen der Affen verspüren würde.
Bevor wir uns auf den Rückweg machten, beobachteten wir die Makaken, die sich schnell an uns gewöhnt hatten, und uns ihrerseits neugierig beäugten. Dabei kamen sie sehr nah an uns heran, jederzeit gewiss, im Notfall blitzschnell in den Bäumen verschwinden zu können. In diesem Moment, wo ich für eine kurze Zeit in dieses Leben eintauchte, musste ich daran denken, was wir Menschen dieser Welt antun. Diese Wunder, die wir heute erleben durften, sind in ihrer Existenz bedroht. Tangkoko und andere, weitaus größere Waldgebiete, stehen im Fokus der Menschen: Der Wald fällt dem Holzraubbau und der landwirtschaftlichen Nutzung zum Opfer, der Klimawandel tut ein übriges. Letztes Jahr hatte es im Tangkoko Nationalpark gebrannt. "Es hatte zu wenig geregnet", begründete Julian. Vielleicht hatten aber auch Brandstifter auf der Suche nach Neuland ein wenig nachgeholfen, waren meine Gedanken.
Wir genossen diesen ausgiebigen Morgen, der tatsächlich ein sehr besonderer war. Denn wir sahen weitere Stars des Feuchtwaldes. Dank Julians scharfen Blickes sahen wir immer wieder hoch oben in den Wipfeln Kuskusbären. Diese Beutelbären der austral-pazifischen Tierwelt sind typisch für Sulawesi ebenso wie der Hornbill, der mit seinem großen Schnabel und seinem bunten Gefieder uns von den hohen Wipfeln des Waldes aus argwöhnisch beäugte, bevor er laut krächzend mit dem lauten Flügelschlag seiner mächtigen Flügel davonflog. Mit meiner Olympus OM-D E10 II und einem 300er Olympus-Tele (das entspricht einem 600er Tele im Kleinbildformat) gelang es mir noch, die Pracht dieses Vogels zu fotografieren.
Beeindruckend waren auch die stillen Stars des Waldes, jene Urwaldriesen, die mit ihren breit ausladenden, beeindruckenden Brettwurzeln Halt suchten oder jene Liane, die einen Baum zum Ersticken gebracht hatte und jetzt als siegreiches Gerüst zurückgeblieben war. Der abgestorbene Baum war zwischenzeitlich zersetzt.
Die Tage gingen viel zu schnell vorbei. Wir hatten es auch dieses Mal wieder gut getroffen. Das Tangkoko Hill Cottage ist sehr empfehlenswert und bietet ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Dazu arbeitet Julian als Guide für das Cottage. Eine gelungene Kombi, wie wir meinen. Auch wenn die Kosten für den Nationalparkbesuch für indonesische Verhältnisse relativ hoch sind, lohnt es sich und ist jede Rupie wert.
Kontakt: Julian (Guide Tangkoko) T. 0063 85 34 01 67 411 e-mail: Julianturres@gmail.com
Kosten: Nationalparkeintritt pro Tag 100000 IDR, Abendtour mit Julian 100000 IDR, Morgentour mit Julian 200000 IDR. Insgesamt haben wir für zwei Personen also 1.000.000 IDR ausgegeben (~65 €).
Zuverlässig nach Likupang und Bangka
Unser nächstes Ziel war Bangka. Hier wollten wir schnorcheln, relaxen und einfach genießen. Per e-mail hatten wir über das Coral-Eye in Bangka einen Driver organisiert, der uns pünktlich nach unserem Morgentrip vom Tangkoko Hill Cottage abholte. Sicher und defensiv fahrend fuhr er uns nach Likupang, wo ein Schiff von Coral-Eye uns abholte. Tatsächlich war dies die einzige Möglichkeit, um den abgelegenen Strand von Coral Eye zu erreichen. Gleichzeitig kamen wir auf diese Weise schon nach wenigen Stunden zu unserem Traumresort und konnten bereits den frühen Nachmittag das tolle Haus-Korallenriff schnorchelnd erkunden.