28.03. - 29.03. - Das erste Mal in Südasien
Warum Sri Lanka?
Die Zeit war knapp, das wussten wir. Viel Arbeit lag hinter uns. Am vorletzten Schultag hat meine Klasse ihr Abitur geschrieben. Also wussten wir vorher, dass der Flug nicht so lang sein sollte: Sri Lanka erreicht man bereits nach etwa knapp 13 Stunden Flugzeit. Unsere Verbindung: HH - Dubai (21:35 - 5:50 = 6:15 Flugzeit) / Dubai - Colombo (7:45 - 13:35 = 4.20 Flugzeit). Natürlich waren es nicht nur die Flugverbindungen, sondern auch die Neugierde auf Südasien. Sri Lanka ist tatsächlich einzigartig und bietet auf einer Fläche wie Bayern eine tropische Vielfalt, die bemerkenswert ist.
Dazu ist Sri Lanka kulturell sehr vielfältig. Die "Träne Indiens" ist Heimat der vier "großen" Religionen. Allerdings stellen die überwiegend buddhistischen Singhalesen mit knapp 75% die Mehrheit. Die Sri-Lanka- und die Indien-Tamilen sind überwiegend Hindus und sind mit knapp 16% deutlich in der Minderheit. Immerhin gibt es noch rund 10%Christen und 7% Muslime, die vor allem Moors (9%) oder Burghers und Malaien sind.
Bis heute ist der Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen nicht nachhaltig bereinigt. Partiell kommt es immer wieder zu Konflikten, die das Militär bislang bereinigen konnte. Zwischen 1983 und 2009 tobte ein Bürgerkrieg, in dem die separatistische Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) einen unabhängigen Staat (Tamil Eelam) im Norden und Osten, wo die Tamilen die Bevölkerungsmehrheit stellen, einforderte. Im Mai 2009 siegten die von Singhalesen dominierten sri-lankischen Regierungstruppen. Die Zahl der Todesopfer wird auf bis zu 100000 geschätzt. Die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen gegen die Tamilen ist bis heute unvollständig. Der UN-Menschenrechtsrat hat die Frist für glaubwürdige Ahndungen am 23.03.2017 um weitere zwei Jahre verlängert.
Und natürlich lieben wir die tropische Wärme, endlich weg aus dem kalten ungemütlichen Wetter Deutschlands. Endlich wohlige Wärme, das damit verbundene Schwitzen macht uns nichts aus.
Schnee in Hamburg und eine winterliche Verspätung
Nur kurz hatte sich in Hamburg der Frühling angedeutet. Dienstag war ich noch bei 12 Grad mit meinen Schülern an der Elbe gelaufen. Am Mittwochabend waren wir rechtzeitig am Gate B52 des Hamburger Flughafens und warteten auf unseren Flug um 21:35 Uhr nach Colombo via Dubai. Ich schaute aus dem Fenster und es schneite heftig. Ob das der alleinige Grund für die fast 90 minütige Verspätung war, sei dahingestellt. Jedenfalls wurde die Boeing 777-300ER gründlich enteist. Ein Desaster kündigte sich an: Die neue Landezeit in Dubai war 7:00 Uhr, unser Anschlussflug sollte um 7:45 Uhr in Dubai nach Colombo starten, das Gate um 7:25 schließen...
Ein Déjàvu - Hoffentlich kriegen wir den Connecting Flight
Verschwitzt stand ich vor unseren Sitzen 26 E und D in der Boeing 777-300, Flug EK 348 nach Colombo. Gitti saß schon und ich verstaute die Rucksäcke in den Staufächern. Da durchfuhr mich der Schreck: "Hut verloren, nein, nicht auch das noch", dachte ich aufgewühlt. Mein australischer Buschhut war offenbar der Hetze zum Opfer gefallen.
Ich liebte diesen Hut, er war Erinnerung, er war einzigartig und stand mir einfach gut. Ich war regungslos, geschafft, vielleicht hätte ich noch ein Mal zurücklaufen können, traute mich aber nicht. Nach uns kamen noch einige Passagiere, der Flieger hatte Order zu warten, bis alle Passagiere aus verspäteten Flügen warten sollten.
Im Herbst 2016 hatte unser Flug nach unserer Kambodschareise schon ein Mal Verspätung. Der Anschlussflieger nach Hamburg wartete damals nicht, Emirates verschaffte uns damals unverhofft einen Kurzaufenthalt in Dubai. Eine verspätete Ankunft in Colombo hätte viele Probleme aufgeworfen: Mietwagenübernahme, Zeitplan und Termine für die gebuchten Hotels, Dauer der Rundreise auf Sri Lanka usw. Insofern waren wir am Ende froh, dass der Anschlussflug wartete.
Als wir auf die Startbahn rollten war ich mir fast sicher: Nachdem uns der Flughafenbus um 7:35 Uhr, also 10 Minuten vor Abflug im Terminal B ausgesetzt hatte, mussten wir wie üblich eine Sicherheitskontrolle passieren. Zuvor wurde wir aufgefordert uns zu beeilen, vielleicht würden wir den Flug noch bekommen. Dass der Anschlussflug warten würde, sagte man uns nicht. Ich riss meinen Rucksack vom Leib, zog meine Weste aus und legte meinen Hut in die Kiste. Gitti rannte bereits los, als ich meinen Rucksack aufsetzte und hinterher hetzte... Meinen Hut hatte ich offenbar vergessen.
Großer Schreck bei dem Autovermieter - Die Kreditkarte ist weg
Wie immer klappte alles perfekt. Schon oft haben wir bei Sunnycars gebucht, auch auf unseren Fernreisen z. B. in Chile, Costa Rica oder in Thailand. Uns hat es immer Sicherheit gegeben, dass wir bei Nachfragen oder Problemen immer schnellen Kontakt ohne lange Warteschleifen mit dem Standort in München hatten. Dieses Mal rief ich an, ob alles mit dem Sri Lanka Führerschein geklappt hatte, der Voraussetzung für die Anmietung und das Fahren in Sri Lanka ist. Zuvor hatte ich meinen Führerschein und meinen internationalen Führerschein per e-mail an Sunnycars gesendet, wo alles weitere organisiert wurde.
Nachdem die Einreiseformalitäten sehr zügig beendet waren, wartete am Flughafen ein Mitarbeiter der Autovermietung mit einem Namensschild. Besser geht es nicht! Er teilte uns in verständlichen Englisch mit, dass wir in etwa 15 Minuten abgeholt werden würden. Zeit genug, um an einem ATM Geld abzuheben. Es war die bisher höchste Summe, die wir auf unseren Reisen abheben konnten: 100000 LKR (Rupiah) bzw. rund 520 €.
Sechs Kilometer waren es bis zum Office der Autovermietung. Die Fahrt dorthin war ein kleiner Vorgeschmack darauf, was uns im scheinbar regellosen Verkehr Sri Lankas erwarten würde. Der Anbieter vor Ort war professionell organisiert und hatte alles vorbereitet. Der Leihwagen war top: Ein Honda FIT Hybrid, mit vielen komfortablen Extras und rund 60000 km auf der Uhr, sollte für die nächsten 14 Tage unser Begleiter sein. Als ich die Kaution hinterlegen sollte, war mein erster Gedanke: "Das ist nicht meine Reise!" Meine ADAC VISA Kredit-Karte war weg! Wir waren müde und jetzt noch dieser Stress! Ich hinterlegte die Kaution mit meiner zweiten Kreditkarte.
Rund eine Stunde zuvor hatten mich zwei junge Backpackerfrauen nach den Modalitäten zur Geldabhebung gefragt. Vier ATM's verschiedener Banken standen in der Ankunftshalle des Flughafens nebeneinander. Ich gab den beiden meine in Deutschland ausgedruckte Umrechnungstabelle und vergaß darüber, meine Kreditkarte aus den Automaten zu nehmen. Das war zumindest meine Hoffnung. Der Vermieter rief sofort am Flughafen an, ohne Erfolg.
Als wir auf dem Weg zum Flughafen waren, dämmerte es mir: Der ATM war von der Peoples Bank. Würde meine Vermutung stimmen? Mit einiger Überredungskunst ließ uns die Polizei in die Ankunftshalle. Ein Mitarbeiter vom kleinen Büro der Peoples Bank mit einer Überbesetzung von fünf Mitarbeitern schlenderte gelassen zum Automaten und verschwand in einer Hintertür. Und tatsächlich: Er kam mit meiner Kreditkarte zurück: Wie in Europa hatte der Automat wegen Inaktivität die Karte eingezogen: Gott sei Dank oder besser: Buddha sei Dank!
Ein eigener Wagen in Sri Lanka oder Autodidakt im Straßenverkehr von Sri Lanka
Auch wenn Sri Lanka selbst nur so groß wie Bayern ist, erlaubt die Infrastruktur vielerorts nur ein bedächtiges Vorankommen. Die Züge sind langsam und oft unpünktlich, aber wie Traveller berichten, ist diese Reiseart ein authentisches Erlebnis in Hinblick auf Landschaft und Menschen. Bussverbindungen gibt es überall, die Busse sind jedoch oft eng und voll, der Kontakt zu den Menschen jedoch recht nah. In manchen Bussen würde sogar Livemusik gespielt, wie uns Markus und Katja, die wir in Nilaveli im Amanta-Beach-Resort trafen. Doch die Busfahrer treiben ihre Busse zu Höchstleistungen, als ob es ihre letzte Fahrt in das Jenseits sein würde. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit zu verunglücken relativ gering, denn ehrfurchtsvoll weichen die schwächeren Verkehrsteilnehmer zurück (dazu später mehr aus Autofahrerperspektive).
Nachdem wir unsere Tour geplant hatten, stellte sich schnell heraus, dass wir mit den örtlichen Verkehrsmitteln rund drei Wochen bräuchten. Wir wollten die Rundreise keinesfalls verkürzen. Deshalb blieb uns nur die Reise mit dem Auto. In den meistens Threats wird das Fahren mit einem eigenen Leihwagen als zu gefährlich eingestuft, stattdessen engagieren die meisten Reisenden einen Fahrer, der mit etwa 50 € pro Tag inklusiv Auto zu mieten ist. Über Nebenkosten wie Übernachtungen und Verpflegung für den Fahrer fanden wir keine Informationen. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Fahrer meist Hotels, Restaurants oder Geschäfte anfahren, wo sie Provisionen kassieren. Alleine das ist für uns schon fast ein k.o.-Kriterium.
Über Sunnycars kostete uns der Leihwagen rund 410 € für 13 Tage, vor Ort zahlte ich 50 € für die bereits ausgestellte srilankische Fahrerlaubnis. Ein Auto mit Fahrer hätte 650 € gekostet. Das ausschlaggebende Argument war jedoch, dass wir keinesfalls 13 Tage lang, bzw. einen großen Teil dieser Zeit so eng mit einem Fremden unsere Zeit verbringen wollten. In Restaurants oder Hotels sahen wir oft, dass viele Paare jeweils mit ihren Fahrern beim Essen saßen. Nein, das wollten wir nicht!
Ich war schon oft im Linksverkehr gefahren (Zypern, Thailand, Malaysia, Australien) und hatte mich schon dem Verkehrschaos mancher Länder mit Roller oder Motorrad hingegeben (Indonesien, Sizilien). Insgesamt bin ich schon in gut 20 Ländern motorisiert unterwegs gewesen. Also galt es jetzt, sich autodidaktisch den Eigenheiten des Verkehrs in Sri Lanka zu nähern. Europäer glauben oft, in Ländern wie Sri Lanka gäbe es keine Regeln. Doch es gibt sie, man muss sie nur entdecken. (Näheres dazu im Fazit)
Über den chaotischen Verkehr und unsere erste Nacht in Kurunegala
Die kurze Dämmerung kündigte die nahende Dunkelheit an. Es waren nur noch wenige Kilometer nach Kurunegala. Bis hierhin verlief die Fahrt reibungslos, aber erforderte höchste Konzentration. Während ich mir Gedanken über die Gefahrensituationen und über die erforderlichen verkehrstechnischen Verhaltensweisen besonders gegenüber den Starken der Straße machte, steckte ich im Verkehr fest. Eine Kreuzung blockierte nahezu den Verkehr. Wahrscheinlich hätte eine Ampelanlage auch nichts verändert, weil Busse, Lastwagen und Tuk Tuk Fahrer von einer zügellosen Hast getrieben sind. Schieres Warten hilft hier sicher nicht, sondern ein moderates Voranschleichen mit defensiven Charakter aber deutlichem Vorwärtsdrang und ein langsames Hineingleiten in den Kreuzungsbereich in einem gewissermaßen querversetzten Reißverschlussverfahrens führte schließlich zum Erfolg. Kurz drauf führte uns unser Garmin Navi sicher zum Four Seasons Hotel.
Mein TomTom für das Motorrad hat zwar Karten für 152 Länder von 192 Ländern, aber Sri Lanka ist leider nicht dabei. Navitracks ist eine deutsche Programmierfirma, die Open Street Maps für Garmin Geräte herstellt. Für knapp 40 € kaufte ich eine Karte für ganz Asien. Wer nicht das Wissen hat oder sich die Mühe sparen möchte, erhält eine voll funktionsfähige Straßenkarte für Garmin Navigationsgeräte. Ich war jedenfalls erstaunt, wie gut die Karte funktionierte und wie ähnlich das Layout den Garmin Originalkarten war.
Tatsächlich war die Fahrt von der Automietstation nach Kurunegala nur mit höchster Konzentration zu bewältigen. Die Müdigkeit des Fluges steckte uns in den Knochen und die Interpretation der üblichen Verkehrsregeln ist in Sri Lanka für Europäer sehr gewöhnungsbedürftig:
Busse sind die Dominatoren der Straße. Ständig in Hetze, die Fahrziele einigermaßen pünktlich zu erreichen und ausreichende Umsatzzahlen einzufahren (Der Owner vom Otuna Guesthouse sagte uns, jeder Busfahrer müsse umgerechnet rund 500 € täglich umsetzen), rasen sie rücksichtlos über die Straßen, überholen mit Gegenverkehr oder scheren wieder ein, auch wenn sie noch nicht vorbei sind. Dazu drängeln und überholen PKW's und LKW's, dazwischen schlängeln sich TukTuks und Zweiräder links und rechts vorbei. Unaufmerksame Fußgänger und Fahrradfahrer, die beidseits auf der Straße fahren oder gehen, machen ein Ausweichen dorthin vielerorts unmöglich.
Im Dunkeln kamen wir in Kurunegala an. Das Four Seasons ist wohl das einzige akzeptable Hotel in diesem Durchgangsort mit immerhin 90000 Einwohnern. Es gab kaum Gäste. Die Bediensteten staunten nicht schlecht, als wir in den gesicherten Bereich einparkten und zwei Touristen ohne einheimischen Fahrer ausstiegen. Ein Mann mit blutunterlaufenen Augen machte den Check In, er wirkte von irgendwas bedröhnt. Das Zimmer war annehmbar, auf den neuen Matratzen konnten wir uns tatsächlich gut nach der anstrengenden Anreise erholen. Das Restaurant war indessen überteuert und bot schlechtes Essen für einen viel zu hohen Preis an (rund 17 €). Aber es war unsere erste Nacht und wir freuten uns auf die Weiterreise, die nach einem guten Frühstück mit Seeblick am nächsten Tag begann.