14.08. - 17.08: Im Nordwesten Argentiniens
Zweieinhalb Stunden und 10C auf 3500 m Höhe
14.08., 4.30 Uhr morgens, drei nervöse bolivianische Straßenhunde springen auf und rennen aufgeregt über die Brücke, die vom bolivianischen Grenzort Villazon zum argentinischen La Quiaca führt. Zwei argentinische Vierbeiner hatten sich nach Bolivien aufgemacht, ihr Grenzübertritt misslang angesichts der bolivianischen Übermacht.
Menschen gab es hier nicht, die Grenze öffnet erst um 6 Uhr. Um 4 Uhr war unser Bus aus Uyuni angekommen, gut zwei Stunden mussten wir bei fast 00C warten, um die Brücke überschreiten zu dürfen. Ein argentinischer Wachmann hatte uns freundlich, aber bestimmt zurück nach Bolivien geschickt, nachdem wir 10 Minuten durch menschenleere Straßen vom Bus zur Grenze gelaufen waren.
Um 6 Uhr erwachte die Grenze. Vor allem bolivianische Pendler überquerten mit Passierschein die Grenzbrücke, um in La Quiaca zu arbeiten. Zwischenzeitlich hatte sich Martha aus Spanien zu uns gesellt, die alleine sechs Wochen durch Südamerika reiste. Endlich konnten wir uns der üblichen Prozedur unterziehen: Ausreisestempel, Einreisestempel, zuvor das Ausfüllen der einschlägigen Formulare, und schon waren wir jenseits der Grenzbrücke in Argentinien. Zum Glück gehört die Einreise nach Argentinien mit zu den unkompliziertesten Südamerikas.
Das hätten wir besser wissen sollen
Erschöpft und übernächtigt erreichten wir den Busbahnhof. La Quiaca war teilweise noch bolivianisch geprägt. Die Nähe zu Bolivien war offensichtlich, denn am Busbahnhof warteten Indios des Altiplanos. Bis Salta fühlten wir uns teilweise noch wie in Bolivien, erst ab Salta wird es argentinisch mit europäischer Prägung.
Jeder wollte uns Tickets verkaufen. Die Preise differierten und es ließ sich handeln. Gewöhnlich gibt es Festpreise, die schriftlich fixiert sind. So handelten wir den Fahrpreis von 240 Pesos (~ 23 €) auf 200 Pesos (~ 19 €) herunter. Zufrieden, in diesem Fall alles richtig gemacht zu haben, übersahen wir, dass wir nach knapp 300 km Busfahrt in San Salvador de Jujuy umsteigen und auf den weiterfahrenden Bus zwei Stunden warten mussten. Eine Info darüber gab es nicht, stattdessen wurde unser Fehler in Jujuy offenbar: Hätten wir den Flecha-Bus genommen, wären wir direkt nach Salta gefahren. Andererseits waren wir sehr dankbar, endlich wieder in technisch gut anmutenden Bussen unterwegs zu sein.
Zentralheizung in Salta
Nicht nur die Zentralheizung deutete darauf hin, dass wir uns in einem relativ gut entwickelten Schwellenland befanden. Das Frieren hatte endlich ein Ende. Salta hat uns überrascht: Sauber, gepflegt und viele gut erhaltene und restaurierte Kolonialbauten. Der Zwischenstopp in Salta lohnte sich auf jeden Fall.
Salta, 1582 als spanische Kolonialstadt gegründet, ist heute die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordwesten Argentiniens. Sie liegt im Valle de Lerma an den Ausläufern der Anden auf 1187 m Höhe am Río Arenales, einem Quellfluss des Río Salado. Knapp 600000 Menschen leben in der achtgrößten Stadt Argentiniens nur rund 10 südlich vom südlichen Wendekreis. Selbst im August, also im Winter der Südhabkugel, bleibt die Stadt im Vorland der Hochanden sehr milde. Schnee ist hier im subtropischen Klimagürtel weitgehend unbekannt. Selbst Nachts reichte eine leichte Jacke.
Nach der Kälte der Hochanden Boliviens freuten wir uns zwar auf die angekündigte Zentralheizung, benötigten sie aber nicht wirklich. Ohne Frieren schliefen wir wie Gott in Frankreich, genossen das gute Essen in einem argentinischen Restaurant. Hier trafen wir uns mit Alan und Lee, die wir in La Quiaca am Busbahnhof kennengelernt hatten, die mit uns im Bus bis Salta fuhren und nun im gleichen Hostel schliefen. Vielleicht besuchen wir die beiden eines fernen Tages mal in Australien.
Pesos, Dollar und Euro -
oder wie man sich durch Geldwechseln einen Urlaub finanzieren könnte
Salta besichtigen wir weitgehend zu Fuß. Tipps dazu bekamen wir im Hostel, auch zum Geld wechseln. In Equador bekamen wir von zwei Travellern den Tipp, Dollar und gegebenenfalls Euro bar zu wechseln. Im Hostel sagte man uns, wir sollten zum Platz des 9. Juli gehen. Dort gäbe es genügend Geldwechsler, die bare Dollar oder Euros in Argentinische Pesos wechseln würden.
Tatsächlich winkten dort die illegalen Geldwechsler mit ihren Pesosscheinen, jederzeit gewappnet, von Polizeistreifen hochgenommen zu werden. Oder steckten die vielleicht unter einer Decke? Denn augenscheinlich interessierte sich die Obrigkeit nicht für die illegalen Geschäfte. Verstohlen schlichen wir an den alten, kolonialen Bauten des Platzes entlang, hielten Ausschau nach den angekündigten Geldwechslern, die wiederum unsere Absicht erkannten und aus ihren Nischen hervortraten, um uns unverhohlen ihr Angebot kundzutun.
Gebeutelt von immer wieder hoher Inflation haben die Argentinier den Glauben in die eigene Währung schon lange verloren. Der Dollar ist die geheime Leitwährung und Mittel der Spekulation auf weiter fallende Pesoskurse. Da Dollar und andere starke westliche Währungen nur sehr eingeschränkt auf legale Weise beschafft werden können, greifen die Geldwechsler auf die Devisen von Touristen zurück, die im Gegenzug konkurrenzlos gute Wechselkurse erhalten: Während wir bei der Bank für rund einen Dollar 10 Pesos erhielten boten uns die Geldhändler rund 15 Pesos, wenn mindestens 50 Dollarscheine gewechselt würden.
Weil wir viele Eindollarscheine hatten, mussten wir uns mit 14,50 Pesos begnügen, immer noch ein gutes Geschäft. Für einen Euro erhielten wir 15 Pesos. So kratzten wir unsere letzten Dollar- und Euroreserven zusammen und bereuten es, uns im Vorfeld nicht eingehender mit dem Thema beschäftigt zu haben. Denn auf diese Weise wird eine Argentinienreise zu einem richtigen Schnäppchen.
Unabhängigkeit pur - mit dem Leihwagen in die argentinischen Anden
Einen Tag die Anden genießen, unabhängig einsame Bergstraßen hinauf cruisen, dort halten, wo uns die Landschaft zum Verweilen einlädt: Das ist nur mit einem Leihwagen möglich. Nach einer aufwändigen Suche wurden wir trotz des Wochenendes pfündig, ergatterten einen neuen Chevrolet Corsa (einen von General Motors in Brasilien und Argentinien hergestellten Opel Corsa). Zur Sicherheit vermittelte und das Hostel einen bewachten, eingezäunten Parkplatz. Unsere Tour führte uns am nächsten Tag in die hochandinen Gebiete Nordwestargentiniens bis nach Cachi, einem südeuropäisch anmutenden Künstlerdorf. Ein Mal mehr genossen wir die Unabhängigkeit, selbst Route und Reisetempo bestimmen zu können: Eine willkommene Abwechslung zu den zahlreichen Busfahrten und Touren, die wir bei den jeweiligen lokalen Anbietern buchten. Auch nach Cachi wäre das organisiert möglich gewesen, in diesem Fall war die Leihwagentour nicht nur wegen der geringeren Kosten die bessere Wahl.
Unsere erste Buspanne in Südamerika
Viele tausende Kilometer mit Bussen quer und längs durch Südamerika, mit renommierten und bisweilen zweifelhaften Bussen, mit lokalen Gesellschaften, wo wir uns als Touristen zwischen den Einheimischen verloren, zuverlässig kamen wir ausnahmslos an das Ziel, in den meisten Fällen sogar vergleichsweise pünktlich. 1150 km lagen nun bis Iguazu vor uns, unsere vorerst letzte Busfahrt in Südamerika. Bequem streckten wir uns im Flecha Doppeldeckerbus oben in erster Reihe aus, die Beine ausgestreckt, mit bestem Panoramablick. 18 Stunden sollte die Fahrt bis Posadas dauern. In der Provinzstadt im Norden Argentiniens stiegen wir in einen Bus von Tigre de Iguazu, der uns in drei Stunden bis nach Port de Iguazu bringen sollte. Kurz vor dem Ziel sagte ich trocken zu Gitti: "Motorschaden". Ungläubig guckte sie mich an. Der Bus stoppte abrupt, der Motor war ebenso schnell verstummt. Ich vermutete einen Steuerkettenriss. Seitlich vom Pannenort stand im subtropischen Wald des argentinischen Nordens eine Hütte. Die dort in ärmlichen Verhältnissen wohnenden Indios schauten nur kurz neugierig, bevor sie sich wieder ihrem Tagesgeschäft zuwandten. Etwas panisch warteten wir, zunächst in Unkenntnis über das weitere Geschehen. Denn wir mussten noch nach Foz de Iguazu und dazu die brasilianische Grenze überqueren. Umso erstaunter waren wir, dass nach weniger als einer Stunde ein Ersatzbus kam und wir unsere Reise etwas verspätet fortsetzen konnten. Jetzt hofften wir nur noch auf gutes Wetter: Denn wir wollten dieses Mal die argentinische Seite der Wasserfälle bei schönen Wetter erleben.
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